Gottes Auftragsbuch ist voller Überraschungen
Werner und Edeltraud Thomas waren lange Zeit in Brasilien tätig und im Frühjahr 2020 ein letztes Mal dort. Wir erfahren, wie facettenreich geistlicher Dienst sein kann und wie es zu Werners Begegnung mit dem Fußballstar und Weltmeister von 1994 Jorginho (Jorge José de Amorim Campos) kam.
Werner, du wolltest Bauingenieur werden, aber Gott berief dich in den Gemeindebau (geistlich) nach Brasilien. Inwieweit waren früher erworbene berufliche Kenntnisse trotzdem eine Hilfe?
Meine Erfahrungen als gelernter technischer Zeichner waren in 25 Jahren Missionstätigkeit Brasilien sehr hilfreich. Um für die Allianzmission zu sparen, habe ich verschiedene Bauten selbst geplant, gezeichnet und mit praktischer Hilfe anderer gebaut. Beim Kauf von Bauholz berechnete ich stets per Rechenschieber, wie viel m³ Holz zu zahlen waren. Schließlich gab es in meiner Lehrzeit noch keine Taschenrechner.
1974 plante ich ein Gemeindehaus mit 98 m². Nach meiner Kenntnis brauchte man erst ab 100 m² einen Architekten. Doch die Baugesetze waren strenger geworden. Als ich mit meiner Zeichnung zum Bauamt kam, sagte man mir: „Ohne Bauingenieur gibt es keine Genehmigung!“ Das günstigste Architektenbüro verlangte aber schon 6.000,- DM plus Bauaufsichtskosten. Die besaßen wir nicht als Gemeinde. Von den 25 Gemeindegliedern hatten nur sieben (einschließlich Missionar) etwa 700,- DM Monatslohn. Ich bat die Gemeindeglieder um Fürbitte, während ich erneut das Bauamt aufsuchte. Diesmal traf ich den leitenden Ingenieur, nannte ihm mein Problem und gab ihm meine Zeichnung. Er sah sich alles an, unterschrieb, übernahm die Bauleitung und verlangte keinen Cent.
Wo wart ihr in Brasilien tätig und warum wart ihr dort?
Als Edeltraud und ich 1965 ausreisten, hatte Brasilien etwa 80 Millionen Einwohner. Davon waren über 90 % statistisch Christen, doch ohne persönliche Beziehung zu Gottes Wort und zu Jesus. Circa 85 % hatten gleichzeitig spiritistische Beziehungen – die meisten, weil sie kein Geld hatten, einen Arzt zu zahlen. Deshalb suchten sie Hilfe bei spiritistischen Heilern. Brasilien brauchte dringend Missionare. Heute ist die Zahl der Menschen, die dort Jesus nachfolgen, viel größer als in Deutschland. Darum sendet die Allianzmission der Freien evangelischen Gemeinden heute keine Gemeindegründer mehr nach Brasilien. Missionare braucht Brasilien heute nur noch für Sozialprojekte und im Lehrdienst.
Wir selbst waren in Toledo, Cascavel und in Curitiba, der Landeshauptstadt von Paraná, tätig. Wir sahen uns von Gott nach Brasilien gerufen und fühlten uns dort zu Hause. Einigen Hundert Menschen durften wir Wegbereiter zur Jesusnachfolge werden. Bis heute sind wir noch mit vielen freundschaftlich verbunden.
Fußball hat in Brasilien einen hohen Stellenwert. Wie kam der Kontakt zu Jorginho zustande?
Im Heimataufenthalt 1989/90 wohnten wir in Vohwinkel. Ein Freund aus Brasilien rief mich an: „Kümmere dich doch mal um Jorginho. Er ist seit Oktober bei Bayer-Leverkusen und fühlt sich als Christ, ohne Deutschkenntnis, einsam. Wir besuchten ihn im Hotel, luden die Familie zu uns ein und begannen kurze Zeit später in seiner Wohnung ein wöchentliches Bibelstudium. Es entstand eine tiefe Freundschaft zwischen uns. Zum Bibelkreis bei ihm kamen Fußballer und Fußballfreunde. Einige Teilnehmer öffneten sich für Gottes Wort und begannen, Jesus nachzufolgen. Jorginho begleitete mich auch zu einigen Veranstaltungen. Manche jungen Besucher kamen nur seinetwegen dort hin. Er erzählte dann über sein Leben als Christ und Sportler. Seine authentischen Berichte veranlassten einige, auch Jesus Christus die Leitung ihres Lebens anzuvertrauen.
Der brasilianische Fußballweltmeister (1994) Jorginho (Jorge José de Amorim Campos) wuchs im Armenviertel von Rio auf. Er berichtet, dass ihn Fußballspielen in seiner Jugend sehr glücklich machte, doch zu Hause sei keine heile Welt gewesen. Sein Vater, nahezu nie präsent, starb früh. Wenn sein Bruder trank, tyrannisierte er danach die ganze Familie. Als der Glaube an Jesus seinen Bruder dann völlig veränderte, wurde Jorginho neugierig. Er las in der vom Bruder geschenkten Bibel und fand ebenfalls zu Jesus. In einem Bericht sagt Jorginho, dass Siege im Fußball ihm nach wie vor viel bedeuten. Aber das Wichtigste für ihn sei der Sieg Christi, der ihm durch seinen Tod und seine Auferstehung Vergebung der Schuld und ewiges Leben erworben hat.
Ihr wart in diesem Frühjahr noch einmal in Brasilien. Mit welchen Gedanken habt ihr euch verabschiedet?
Dankbar stimmt uns, dass die brasilianischen Gemeinden inzwischen selbst eine Reihe Missionare ins Ausland gesandt haben. Bei unserem Besuch, ab Ende Februar, hatte ich einigen Gemeinden in Santa Catarina, Curitiba und Westparaná zugesagt zu predigen. Durch Corona wurde es leider nur in zwei Gemeinden Curitibas wahr. Weitere Reisen im Land waren durch die Pandemie unmöglich geworden. Dass Corona sich dort stark ausbreitete und viele Menschen wegen mangelhafter Sozialabsicherung Arbeit und Brot verloren haben, schmerzt uns sehr.
Wir wünschen Brasilien, dass es die Krise gut meistert, sich wirtschaftlich, sozial und politisch gute Strukturen entwickeln und dass sich die sympathische Bevölkerung noch mehr von Christus leiten lässt und der Welt zum Segen wird.
Zu Jorginho (Jorge José de Amorim Campos) siehe:
www.jesus.ch/magazin/sport_und_freizeit/fussball/132536-frueher_war_ich_wirklich_unfair.html