Wie wertvoll Heimat ist 

Unsere moderne Gesellschaft und Berufswelt verlangt zunehmend mehr Flexibilität. Was bedeutet dies für eine Familie und Freundschaften, immer wieder aufbrechen und sich neu einleben zu müssen? Im folgenden Beitrag gibt uns Carina Reeh ein wenig Einblick in ihre Erfahrungen. Wir erhalten aber auch wertvolle Tipps, was Neuankömmlingen hilft, wenn sie auf Gemeindesuche sind.

Die Zeiten sind längst vorbei, in denen Menschen das ganze Leben an ihrem Geburtsort verbringen. Zu fast jeder Biografie der westlichen Welt gehören Umzüge: Manche ziehen der Hoffnung auf ein besseres Leben hinterher, andere dem Job oder Partner.

Jeder zwanzigste Einwohner wechselt jährlich innerhalb Deutschlands seinen Wohnsitz – das sind vier Millionen Menschen. Damit bin ich in guter Gesellschaft: Während meiner ersten 30 Lebensjahre standen sieben Umzüge an. Zweimal mit der Herkunftsfamilie, fünfmal mit der eigenen Familie. Dabei mischte sich stets ein gewisses Maß an Vorfreude über den neuen Lebensabschnitt mit Ängsten und Trauer.

Solange die Bezugspersonen in der Nähe sind, können sich Kinder bis zum Vorschulalter normalerweise gut an einen neuen Ort gewöhnen. Der Umzug nach Wiesbaden war deshalb für mich als 5-jährige ein großes Abenteuer und sehr aufregend. Beim zweiten Umzug mit 14 Jahren sah die Sache schon anders aus. Die vertraute Gemeinde, Nachbarschaft und Schule musste ich zurücklassen und verlor damit auch einen großen Teil meiner Eigenständigkeit und mein komplettes soziales Umfeld. In Bayern fühlte ich mich zunächst unsicher, musste mir die Gegend zu eigen machen und neue Freunde finden.

Die späteren Umzüge mit der eigenen Familie sind mir selbst nicht so schwergefallen, aber für meinen ältesten Sohn war es hart. Während seiner Grundschulzeit haben wir in drei verschiedenen Bundesländern gelebt. Die damit einhergehenden Probleme hätte ich ihm gerne erspart. Die drei jüngeren Kinder sind zeit ihres Lebens Breitscheider – und dafür bin ich echt dankbar. Sie haben alle ein sehr stabiles soziales Umfeld, gute Freunde und wissen, wie sich Heimat anfühlt. Im Gegensatz zu mir. Mein Wunsch ist, dass die Kinder auch als Erwachsene immer nach Hause kommen können, in ihr Elternhaus – an den Ort, wo sie ihre Kindheit verbracht haben. Das hatte ich nie und hab es immer vermisst. Auch Freundschaften sind mir aus meinen ersten Lebensjahren wenige geblieben, die Kontaktpflege war im prä-digitalen Zeitalter über die Distanz sehr schwierig.

Aber jedes Ding hat zwei Seiten. So bin ich durch die vielen Veränderungen sehr gut in der Lage, mich auf fremde Situationen und Menschen einzustellen. Ich kenne das Gefühl, die Neue zu sein und bei null anzufangen. Diese Stärke und Resilienz hat mir sowohl in privaten Krisen als auch im beruflichen Umfeld enorm geholfen.

Bei fast jedem Umzug hieß es dann auch, sich in einer neuen Gemeinde einzuleben. Wie kann das gut gelingen? Eigeninitiative ist zwar wichtig – aber sicher ebenso eine einladende und offene Gemeinde. Man merkt sehr schnell, ob man als Gast willkommen ist. Wir haben erlebt, dass wir sofort angesprochen und eingeladen wurden – aber auch, dass trotz intensivem Bemühen um Kontakte kein Zugang zum Gemeindeleben möglich war. Manchmal sind es nur kleine, aber wichtige Gesten: Gibt es Leute, die mir einen Parkplatz zuweisen oder mich locker ansprechen? Werde ich in oder nach dem Gottesdienst unaufdringlich begleitet, gibt es zur Orientierung überall Hinweisschilder, zeigt man mir das Haus, werde ich vom Pastor begrüßt, werden mir passende Kontakte vermittelt, werde ich zu einer Kleingruppe eingeladen?

Als wir in die FeG Herborn kamen, sprach uns sofort ein nettes Ehepaar an und begleitete uns durch die erste Zeit. Schnell war ein Hauskreis gefunden. Der Pastor lud sich zum Kennenlernen zu uns nach Hause ein. Wir boten unsere Mitarbeit an – und gingen vor fast 20 Jahren auch den Schritt in die verbindliche Mitgliedschaft. Seitdem besteht unser Commitment als Ehepaar, durch Höhen und Tiefen festzuhalten an unserer „geistlichen Heimat“, der FeG Herborn. Ich bin sehr dankbar für diese – für mich einmalig lange – Zeit der Stabilität, für die Lebendigkeit der Gemeinde, Offenheit für neue Ideen, neue und alte Bekannte, gegenseitige Gebetsunterstützung und tragfähige Freundschaften. Gott sei Dank – für die FeG Herborn!

Bildnachweise:  © Carsten Meier / ERF Medien (Bild Carina Reeh); Fred König

 

 

Im Moment finden coronabedingt nur Onlinegottesdienste statt. Dies ändert aber nichts an unserem tiefen Wunsch, Menschen ein geistliches Zuhause zu bieten. Wer also neu in der Stadt oder der Region ist, Fragen hat oder Kontakt zu einer Gemeinde sucht, dem helfen wir gerne weiter.